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Klima-Serie „Der eigene Beitrag“
CO2 sparen durch bewusstes Fortbewegen

Die Mobilität ist für 20 Prozent der CO2-Emissionen eines durchschnittlichen Deutschen verantwortlich. Die fünfköpfige Berliner Familie Beese verzichtet bewusst aufs Fliegen. Auch sonst bewegen sie sich hauptsächlich mit Bus, Bahn und Fahrrad - und konnten so ihren CO2-Fußabdruck um 1,4 Tonnen senken.

Von Anja Nehls | 22.08.2019
Ein Flugzeug fliegt über dem brandenburgischen Sieversdorf (Oder-Spree) scheinbar ganz nah am Mond vorbei.
Wer aufs Fliegen verzichtet, verbessert seinen individuellen CO2-Fußabdruck (picture alliance / dpa / lbn / Patrick Pleul )
Die fünfköpfige Familie Beese lebt in Berlin Neukölln und versucht seit über einem Jahr ihre CO2-Emissionen für den Klimaschutz zu reduzieren. Während jeder Deutsche im Durchschnitt für 11,6 Tonnen CO2-Abgabe in die Atmosphäre verantwortlich ist, kommt ein Familienmitglied der Familie Beese gerade mal auf die Hälfte.
Karin Beese, ihr Mann und die drei Töchter heizen sparsam, leben in einer gut gedämmten Wohnung, nutzen Ökostrom und ernähren sich vegetarisch – all das trägt zur Vermeidung von CO2 bei. Besondere viele Gedanken macht sich Karin Beese zum Thema Mobilität, die mit durchschnittlich 20 Prozent zu den durchschnittlichen CO2-Emissionen beiträgt. In der Stadt nutzen die fünf Bus, Bahn und Fahrrad, den eigenen alten Dieselbus dagegen fast gar nicht mehr:
"Wir benutzen den manchmal, wenn wir mehrere Kinder transportieren müssen oder für Ausflüge oder Familienurlaub. Wenn wir jetzt irgendwohin fliegen würden, nach Frankreich oder nach Portugal, dann würden wir wahnsinnig viel CO2 erzeugen und wenn wir stattdessen mit unserem Familienbus wohin fahre, kriegen wir trotzdem unser Gepäck und unsere drei Kinder unter, sind relativ bequem unterwegs und haben nur einen Bruchteil des CO2-Ausstoßes."
Der CO2-Fußabdruck eines durchschnittlichen Menschen in Deutschland 2018
Der CO2-Fußabdruck eines durchschnittlichen Menschen in Deutschland 2018 (Umweltbundesamt/Deutschlandfunk)
Das bestätigt Seraja Bock vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung. Flugemissionen schlagen mit durchschnittlich 580 Kilogram CO2 im deutschen Durchschnitt beim Klima-Fußabdruck zu Buche:
"In Deutschland im Mobilitätssektor sind es 27 Prozent, die die Flugemissionen ausmachen, nur im Bereich Mobilität. Und da ist es natürlich spannend, die zu reduzieren."
Fliegen hat eine schlechte Klimabilanz
Obwohl selbst in Deutschland längst nicht alle das Flugzeug als Verkehrsmittel nutzen, gehört Deutschland zu den Ländern weltweit mit den höchsten Pro-Kopf-Emissionen durch den Flugverkehr.
"Weil dann halt der Flug nach Neuseeland richtig reinhaut. Und die, die nicht fliegen, die fangen dann halt diese 27 Prozent in dem Sinne aus oder neutralisieren die ein bisschen."
Und zu denen gehören ab jetzt Karin Beese, ihr Mann und die drei Kinder:
"Also wir fliegen privat eigentlich gar nicht mehr. Wir wollten ursprünglich gerne nach Portugal in den Urlaub fliegen, aber haben uns dann auch ausgerechnet, wieviel CO2 das ist. Und wir hatten auch noch Freunde aus Warschau, die auch mit uns dorthin in den Urlaub wollten und wir haben uns dann für das Klima dafür entschieden, dass wir uns stattdessen in Polen sozusagen auf halber Strecke treffen zwischen Berlin und Warschau. Und hatten da einen ganz tollen Familienurlaub."
Ein Radfahrer zeichnet sich vor dem Braunkohlekraftwerk Boxberg ab, aufgenommen in Altliebel am 11.03.2019
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Um 1,4 Tonnen konnten die fünf deshalb ihre Emissionen dieses Jahr reduzieren, hat Seraja Bock vom Potsdam-Institut ausgerechnet. Der Einfluss des Flugverkehrs auf die Klimaerwärmung ist groß. Obwohl nur drei Prozent der Weltbevölkerung im vergangenen Jahr überhaupt geflogen sind, beläuft sich der Anteil des Flugverkehrs an den globalen C02-Emissionen auf zwei Prozent. Bezieht man Stickoxide und Wasserdampf in den hohen Luftschichten mit in die Rechnung ein, so erhöht sich der Einfluss auf den Klimawandel auf fast fünf Prozent – verursacht durch Menschen in reichen Industrieländern, so Bock.
"Fliegen ist halt ein schönes Beispiel dafür, wie klimaungerecht die Welt funktioniert, weil halt nur ein sehr marginaler Teil überhaupt die Möglichkeit hat, zu fliegen. Daran anknüpfend sind es auch die Leute, die sich überhaupt das leisten können, die fliegen dann halt auch noch mehr."
Für Karin Beese ist das ein schwieriges Thema. Viele Menschen in ihrem Freundeskreis haben Familie in anderen Ländern. Natürlich habe sie Verständnis dafür, dass man die mit dem Flugzeug besuche. Aber sie erlebt auch viele andere:
"Viele Leute finden das toll, dass wir nicht privat fliegen, aber wenn man dann schaut, wie sie sich selber verhalten, ist es halt so, dass die allerallermeisten trotzdem weiterhin fliegen. Halt mal eben fünf Tage nach Mallorca ist immer noch der Standard weil es einfach so billig ist und das ist sehr frustrierend für uns, das zu sehen."