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Vor 150 Jahren
Der Tod von König Ludwig I. von Bayern

Ludwig II. von Bayern ist als Märchenkönig in die Geschichtsbücher eingegangen und hat weit über die weiß-blauen Landesgrenzen hinaus einen großen Bekanntheitsgrad erlangt. Sein Großvater Ludwig I. ist außerhalb Bayerns dagegen weit weniger prominent. Zu Unrecht.

Von Ulrich Zwack | 28.02.2018
    Die Statue der Bavaria oberhalb der Theresienwiese, vor weiß-blauen Himmel aufgenommen am Sonntag (23.03.2012) in München.
    König Ludwig I. ließ am Rand der Münchner Theresienwiese eine kolossale Bavaria-Statue aufstellen (picture-alliance/ dpa/ Nuri Almak)
    "Typisch für Ludwig I. ist folgende Anekdote: Ludwig I. geht durch München. Er geht inkognito durch München. Er mischt sich unter das Volk. Allerdings wenn das Volk nicht den Hut gezogen hat, dann wurde er böse, nahm seinen Spazierstock und schlug dem Passanten den Hut vom Kopf."
    Thomas Kernert, Autor und profunder Bayernkenner, charakterisiert König Ludwig I. von Bayern als schrägen Autokraten. Der zeitgenössische Schriftsteller und Revolutionär Georg Büchner verteufelte ihn gar als Antichrist:
    "Sehet an das von Gott gezeichnete Scheusal, den König Ludwig von Bayern; das Schwein, den Wolf, der sich für seinen Baals-Hofstaat jährlich fünf Millionen verwilligen läßt, und fragt dann: ‚Ist das eine Obrigkeit von Gott zum Segen verordnet?'"
    Nein, ein Schwein war Ludwig ganz sicher nicht. Auch stand er mit dem lieben Gott dank seiner erzkatholischen Frömmigkeit auf gutem Fuß. Und verschwenderisch zeigte er sich höchstens, wenn er in Form von Protzbauten Bayerns Ruhm und Ehre mehren wollte. Sich selbst gegenüber war er dagegen so geizig, dass er daheim 60 Jahre lang denselben zerschlissenen Morgenmantel trug.
    "Der König ist das Oberhaupt des Staats. Seine Person ist heilig und unverletzlich."
    Begeisterter Dichter und Bauherr
    Eine sehr hohe Meinung von sich selbst besaß Ludwig I. indes allemal. Er hatte Alte Geschichte studiert und beherrschte sieben Fremdsprachen. Seine persönlichen Ansichten verbreitete er gern in Versform. Etwa als 1835 auf bayerischem Boden die erste deutsche Eisenbahn keuchte:
    "Jetzo lösen sich auf im Dampf die Verhältnisse alle,
    Überall und nirgends daheim, streift über die Erde
    Unstät, so wie der Dampf, unstät das Menschengeschlecht.
    Seinen Lauf, den umwälzenden, hat der Rennwagen begonnen."
    Ein Mann mit anachronistischem Stil
    Er selber war ebenfalls heimatlos. Denn in seiner Brust schlug zum einen ein bayerisches Herz. Zum anderen ein teutsches, wie er zu sagen und schreiben pflegte. Ferner ein altgriechisches und dann auch noch ein italienisches. Damit sie alle zu ihrem Recht kamen, ließ er am Rand der Münchner Theresienwiese eine kolossale Bavaria-Statue aufstellen. Seinem "Teutschsein" verlieh er mit der Befreiungshalle in Kehlheim oder der Walhalla in Donaustauf beredten Ausdruck. Der italienischen Renaissance setzte er in Münchens Ludwigstraße ein kilometerlanges Denkmal. Den schmucken Königsplatz ließ er mit pseudogriechischen Monumentalbauten ausstaffieren. Der Grundstein für die sogenannten Propyläen wurde dabei erst 1854 gelegt. Spätestens da zeigte sich, wie anachronistisch-konservativ Ludwig I. eigentlich schon immer gewesen war:
    "Wenn man bedenkt, dass zur gleichen Zeit ein paar Schritte weiter der Glaspalast gebaut wurde, ein extrem modernes Gebäude aus Stahl und Glas. Ein solches Ding gab's eigentlich nur noch in London, im Crystal Palace, ansonsten nirgendwo. Das war der Stil der Zeit. Während der Stil von Ludwig I. doch sehr rückwärts gewandt war."
    Als völlig zeitloses Alphamännchen erwies sich der Wittelsbacher hinsichtlich der Kraft seiner Lenden. Schwerhörig, stotternd und mit Pockennarben im Gesicht, war er nicht wirklich attraktiv. Aber sein gesellschaftlicher Rang glich das spielend aus. Nicht nur, dass er mit seiner sächsischen Gattin Therese neun Kinder zeugte. Daneben hielt er sich in München und Rom, wo er eine Villa besaß, auch immer wieder ungeniert Mätressen.
    "Also der Mann war aktiv in jeder Form und unterhalb der Gürtellinie in jedem Fall."
    Buchstäblich gestolpert ist er schließlich über die Affäre mit einer irischen Hochstaplerin, die sich als spanische Tänzerin ausgab und Lola Montez nannte. Ludwig war ihr total hörig. Doch im reaktionären Deutschen Bund gärte es damals allenthalben. Und als sich die Montez in die bayerische Politik einzumischen begann, stürmten im revolutionären März des Jahres 1848 selbst die dumpfen Münchner Bierdimpfel erbost das Zeughaus und zwangen den König zum Rücktritt.
    "Auch vom Throne herabgestiegen, schlägt glühend mein Herz für Bayern, für Teutschland."
    Tod in biblischem Alter
    Das Glühen hielt noch fast 20 Jahre lang an. Ludwig I. starb am 29. Februar 1868 - im für damalige Zeiten fast biblisch hohen Alter von 81 Jahren.