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Obamacare
Erneuter Eklat für US-Präsident Trump

Die Entscheidung über Obamacare wurde im Senat kurzfristig verschoben, weil sich keine Mehrheit abzeichnete. Damit ist Donald Trump mit seinem Prestigeprojekt erneut krachend gescheitert - und das innere Zerwürfnis der Republikaner tritt offen zutage.

Von Thilo Kößler | 28.06.2017
    Außenfassade einer Klinik in New York.
    Auch viele Republikaner sehen die Abschaffung von Obamacare kritisch: Innerhalb von zehn Jahren könnten 22 Millionen Amerikaner ihren Versicherungsschutz verlieren . (dpa / picture alliance / Wang Ying)
    Erst hatten die Republikaner im Repräsentantenhaus zwei Anläufe gebraucht, um ihren Reformvorschlag für eine Gesundheitsreform durchzubringen. Jetzt sind auch die Republikaner im Senat mit ihrem Reformvorschlag krachend gescheitert - am Widerstand in den eigenen Reihen. Mehrheitsführer Mitch McConnell, der diesen Entwurf ohne jede Anhörung hinter verschlossenen Türen durchgepeitscht hatte, musste zähneknirschend einräumen: Mit der geplanten Abstimmung im Senat wird es in dieser Woche nichts mehr werden.
    McConnells Versuch, in letzter Minute doch noch 50 Abgeordnete für die erforderliche Mehrheit hinter sich zu bringen, scheiterte – mindestens fünf Senatoren, und damit drei zu viel, verweigerten der Parteiführung die Gefolgschaft. Ein erneuter Eklat auch für den Präsidenten, der seit Beginn des Wahlkampfes gegen die Krankenversicherung seines Vorgängers ankämpft, die zu allem Überfluss auch noch den Namen Obamas trägt. Erst warb der Präsident – es wäre großartig, wenn die Stimmen doch noch zusammenkämen, sagte er. Wenn nicht, fände er das, offen gestanden, gar nicht lustig.
    Mit dem Bus ins Weiße Haus
    Dann zitierte er sämtliche republikanischen Senatoren ins Weiße Haus. Er ließ sie schnurstracks in einem Polizeibus vom Capitol Hill in seine Diensträume karren. Vergebens. Damit liegt das Zerwürfnis der Republikaner offen zutage: In einem der wichtigsten Prestigeprojekte der Präsidentschaft Donald Trumps haben sie sich heillos zerstritten. Da sind die sogenannten moderaten Kräfte, die die Axt nicht an Medicaid ansetzen wollen, der Krankenversicherung für die sozial Schwächeren, um auf diese Weise die Steuerreform für die Wohlhabenden zu finanzieren. Dean Heller, der Senator aus Nevada, gehört dazu: Er muss um seine Wiederwahl fürchten und hält schon allein aus diesem Grunde die Vorlage der Parteiführung nicht für die richtige Antwort.
    Heller wurde daraufhin zum Opfer einer gnadenlosen Hetzkampagne in den sozialen Medien. Ebenso wie Susan Collins aus Maine, die sich sogar geweigert hatte, auf dieser Grundlage überhaupt in die Debatte zu gehen. Sie hatte sich auch durch die Prognose der unabhängigen Budgetbehörde des Kongresses bestätigt gesehen, die prognostizierte, dass binnen zehn Jahren 22 Millionen Amerikaner ihren Versicherungsschutz verlieren würden, wenn der republikanische Reformvorschlag durchginge. Da helfe kein weiteres Herumdoktern, sagte Susan Collins.
    Keine Führungsstärke des Präsidenten
    Auf der anderen Seite stehen Konservative wie Rand Paul aus Kentucky, die hinter jeder Sozialleistung nur einen illegitimen Eingriff des Staates in das freie Spiel der Marktkräfte sehen: Das sei das Wunder des Kapitalismus, so Rand: Wenn jeder nach Profit strebe, spiele sich das System zum Nutzen aller ein.
    Die Demokraten boten unterdessen an, gemeinsam mit den Republikanern an einer Reform von Obamacare zu arbeiten – was Mitch McConnell postwendend ablehnte. Schon wird Kritik am Präsidenten selbst vernehmbar. Donald Trump habe sich weder in die sachliche Materie eingearbeitet, noch Führungsstärke oder Überzeugungskraft bewiesen, heißt es.